Tiroler Tageszeitung -Tiroler Landestheater Innsbruck: Die Wildente Henrik Ibsens Stück von der sprichwörtlich gewordenen Lebenslüge. Premiere 12. Januar 2008 im Großen Haus Regie Klaus Rohrmoser

"Wenn Sie einem Durchschnittsmenschen seine Lebenslüge nehmen, so bringen Sie ihn gleichzeitig um sein Glück." Der norwegische Dramatiker Henrik Ibsen (1828-1906) ist ein Meister im Entlarven der großen und kleinen Lügen, die ein Leben oft erst erträglich machen. In seiner Tragikomödie "Die Wildente" rechnet er zudem mit dem eigenen Ideal der unbedingten Aufrichtigkeit ab, das leicht zu einem lebensfremden Fanatismus mutieren kann:
Judith Keller als Gina Fotos:Larl

"Ich habe seit langem aufgehört, allgemeingültige Forderungen zu stellen, weil ich nicht länger glaube, dass sie sich mit einem inneren Recht vertreten lassen." Die Ekdals haben ein Geheimnis: die Wildente. Angeschossen und allein nicht lebensfähig fristet sie ihr Dasein auf dem Dachboden der sozial und ökonomisch degradierten Familie Ekdal.


Die Wildente als Ersatz Nachdem der alte Ekdal wegen eines Betrugfalls seinen Leutnantsrang und den finanziellen Wohlstand aufgeben musste, bietet ihm die domestizierte Wildente zusammen mit einigen vertrockneten Weihnachtsbäumen und weiterem Getier einen Ersatz für die Wälder von Hoydal, wo er einst Bären schoss. Und er ist nicht der einzige, der sich mit Illusionen die triste Wirklichkeit verschönert. Auch sein Sohn Hjalmar hat es sich mit seiner aus einfachen Verhältnissen stammenden Frau Gina und der Tochter Hedwig in dem bescheidenen Leben ganz bequem eingerichtet. Ginas moralisch nicht einwandfreie Vergangenheit sowie Hjalmars Versagen, die Familie zu rehabilitieren, bleiben unausgesprochen. Zu diesem zwar auf Lügen aufbauenden, aber doch funktionierenden Mikrokosmos stößt Gregers Werle, dessen Vater am Schicksal der Familie Ekdal nicht unschuldig ist.


Aufklären der Lebenslügen Der heimgekehrte Sohn hat sich mit seinem Vater überworfen und sieht in der Aufklärung der Lebenslügen der Familie Ekdal seine neue Lebensaufgabe. Durch seine Fehleinschätzung der psychischen Stärke aller Beteiligten reißt er sie jedoch noch tiefer ins Unglück und das erste Opfer seiner Aufklärungsversuche ist ein unschuldiges Kind. Akribisch durchleuchtet Regisseur Klaus Rohrmoser die Tiefen des psychologisch raffiniert konstruierten Stücks, das gar nicht in die „Jetzt-Zeit“ transferiert werden muss, um thematisch äußerst aktuell zu sein.