Im dunklen Zuschauerraum sitzend Auf das noch dunkle bühnenviereck starrend In gespannter erwartung harrend Auf das, was sich da oben gleich abspielen soll In der hoffnung, es möge sich nicht nur abspielen Sondern wirklich zu leben beginnen Versuche ich mich zu erinnern, wie ich, als noch nicht dem theater verfallener. Diesen augenblick erlebt habe. Ein untauglicher versuch, denn diese vorfreude, die ja angeblich die schönste sein soll, war ja der hauptgrund , dem theater und seiner magie sich ganz zu verschreiben . Sicher war es bereits dieses erste hinschauen dieses schmerzhafte hinfiebern Auf das noch dunkle bühnenviereck, Das alles weitere Und vor allem den wunsch Immer wieder und immer weiter Hinaufzuschauen Hinaufzuharren Voller neugier hinaufzustarren Ausgelöst hat. Der blick hinauf ins dunkle War von anfang an ein sehnsüchtiger - Als ob von dort oben tatsächlich gültige antwort kommen könne - gekommen sind ein paar am bühnenboden verstreute splitter hässlich schöne momentverliebte glasteilchen aufglitzernd im scheinwerferlicht ungeduldig wartend auf den mosaikkünstler der sich ihrer erbarmt und sie endlich zum ganzen zusammenfügt. Immerhin. |
KULTURLAND Vollmond im Tiroler Landestheater Innsbruck: Trakls Aufschrei
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"Es ist ein Stoppelfeld, in das ein schwarzer Regen fällt. Es ist ein brauner Baum, der einsam dasteht. Es ist ein Zischelwind, der leere Hütten umkreist. - Wie traurig dieser Abend". De profundis, ein poetischer tödlicher Seelenhauch des Dichters Georg Trakl (starb 1914, 27 Jahre alt), beginnt so. Es ist ein Glücksfall, wenn die vollendeten Gedichte Georg Trakls in zeitgemässer Interpretation, mit Musik, die das Wort unterstreicht, geboten werden. Ohne Pathos, ohne Expressionismus, nur das Wort, die Stille, die Trauer, der Tod - alle leise verklingend - was bleibend vom Menschen ist, ist die Seele, und diese leidet, wenn der Mensch nachdenkt. Der erwähnte Glücksfall ist mit dem Lesenden, Schauspiel-Direktor Klaus Rohrmoser, und dem "Begleiter", St efan Costa, am Sonntag Abend bei der "Vollmond-Veranstaltung" im Foyer der Kammerspiele eingetroffen. Trakls Poesie, auch das Verträumte, zuweilen flüchtig Erschaute: "Oft am Brunnen, wenn es dämmert, Sieht man sie verzaubert stehen Wasser schöpfen, wenn es dämmert. Einer auf und nieder gehen . . . ", schrieb Trakl in dem Ludwig von Ficker zugeeigneten Gedicht "Die junge Magd". Rohrmoser zeigte sprachliche Klasse, schauspielerische Eleganz, bog ein bisschen nachdenklich über die Bühne, rasch zjm Pult, den Poeten nachempfindend, den Einfall, den Gestus des Schreibenden. Sprach rasch, wie dramaturgisch. Das Gedicht über die junge Mad hat "sechs Akte", müsste man sagen, Bilder voller Menschlichkeit: "Balde rings die Sterne bleichen Und ermattet von Beschwerde Wächsern ihre Wangen bleichen". Klaus Rohrmsoer bot fast eine Dreiviertelstunde perfekte Trakl-Interpretation, mit Stefan Costas Assoziations-Piano-Töne-Perlen: Eigenem, Improvisationen, Schönberg und Miles Davis, unter anderem. Ein wunderbarer Abend. - WINFRIED WERNER LINDE |