1. Tiroler Dramatikerfestival 2002 Landestheater Innsbruck

Langes afn Zirblhouf von Toni Bernhard: "Der Vinschger" hat folgendes Gespräch mit Klaus Rohrmoser, Schauspieldirektor am Tiroler Landestheater und Regisseur des Stückes, geführt:
Der Vinschger: Was hat Sie zur Inszenierung dieses Stückes bewogen?
Klaus Rohrmoser: Es gab mehrere Gründe: Ich suchte für das Dramatikerfestival in Innsbruck ein Stück aus Südtirol und bin dabei auf den Wettbewerbgekrönten ?Langes afn Zirblhouf? gestoßen und der Südtiroler Theaterverband machte mir das Angebot, es selber zu inszenieren. Das Stück selbst hat mich seiner sprachliche Konsequenz und des dramatischern Aufbaus wegen sofort in den Bann gezogen. Weiters ergab sich die Chance, mit den Leuten aus der Gegend, aus dem das Stück stammt, zu inszenieren.
V.: Wie kommen Sie mit den Vinschger Laiendarsteller/innen zurecht?
K.R.: Bis jezt ist die Arbeit sehr anregend und das Engagement der Spieler/innen groß. Das Potential im Vinschgau ist gegeben und ich fühle mich als Regisseur angenommen.
V:. Bereitet Ihnen der urige Dialekt des Stückes als Nordtiroler nicht Schwierigkeiten?
K.R.: Gewisse Ausdrücke musste ich mir erst dolmetschen lassen (z.B. Wool), aber ich fände es falsch, diese sprachliche Ebene zu übersetzen, im Gegenteil, sie ist sehr reizvoll.
V.: Welchen Kontakt pflegen sie mit dem Autor Toni Bernhart?
K.R.: Ich habe ihn erst in Zusammenhang mit dem Stück persönlich kennengelernt und habe mit ihm mittlerweile ein paar mal telefoniert.
V.: Was ist an diesem Stück neu, anders, spannend?
K.R.: Das Stück hat sehr verschiedene Ebenen und im Enddefekt werden die Zuschauer entscheiden, welchen Aspekt des Stückes für sie am interessantesten ist und selbst dann werden sich wohl verschiedene Gruppen bilden. Für mich ist es die Gratwanderung zwischen Persiflage und traditioneller Volksstückform, die das Wesen des Stückes ausmacht. Interview: Fabi Ludwig (lu)

"Lang lebe Valentins Hut", Dramolette
eine Koproduktion mit dem Tiroler Dramatikerfestival, steht ab 1. August unter der Regie von Martin Walch im Kleinen Rathaussaal auf dem Programm. Groschups Stück ist eine Hommage an Karl Valentin und die fröhliche Fortschreibung der Unmöglichkeit, eine auf die Spitze getriebene Sprachlogik mit dem sprachlichen Alltag zu vereinbaren.
Eine Rezension von Irene Prugger: Wenn der Karl Valentin des Walter Groschup seinem Hut nachläuft, ahnt man schon, woher der Wind weht: immer aus der anderen Richtung - was durchwegs für Verwirrung sorgt. Gemäß dem großen Vorbild lässt Walter Groschup die Protagonisten in seinen neun Dramoletten der Bedeutung der gesprochenen Wörter nachrennen wie einem Hut im Wirbel eines Föhnsturmes. Der Hut ist natürlich meistens schneller als der Mensch, der ihn einfangen will. Denn die Sprache bewegt sich leider nicht zielstrebig durch eine Einbahnstraße, die in die einzig richtige Bedeutung mündet, sondern sie trudelt von Missverständnis zu Missverständnis, dreht sich hilflos im Kreis, bleibt kraftlos am Boden liegen und schwingt sich dann wieder zu überraschend bedeutungsvollen Höhenflügen auf. Aus Angst, es könnte ihm auch noch Jacke, Hemd und Hose davon wehen, zieht sich Groschups Valentin bei einem seiner Föhnspaziergänge mit Liesl Karlstadt bis auf die Unterhose aus, klammert sich die Kleidung unter die Arme und steht somit da wie der Mensch, der die Sprache rein in ihrer einfältigsten Form (die mitunter ja auch die raffinierteste sein kann) begreift und gebraucht: nämlich peinlichst entblößt.
In den neun Dramoletten stellt Groschup seinem Karl Valentin verschiedene DialogpartnerInnen gegenüber: am häufigsten die allseits bekannte Liesl Karlstadt, weiters auch einen Kellner, einen Beamten, einen Passanten, einen Regisseur, einen Philosophen. Sie sind, wie Valentin-DialogpartnerInnen nun einmal sein müssen: tapfer und voll ungebrochenen Glaubens an die Möglichkeit der Verständigung im gleichsprachigen Dialog. Hin und wieder scheinen sie allerdings der Valentinaden müde zu sein und dienen dann zu offensichtlich als bloße Stichwortgeber für den lästig lästernden Herrn Valentin: KARL VALENTIN: ....was machen sie so. im leben! - DER PHILOSOPH: ich sitze. - KARL VALENTIN: sans einglocht worn! - DER PHILOSOPH: ich sitze hier auf der Bank.
Das sind eben solche Stellen, da Valentins Hut kraftlos am Boden liegen bleibt, aber wenn man dann geduldig noch ein bisschen zuwartet mit dem Begreifen und Zugreifen, dann schwingt er sich plötzlich auf und trudelt schwungvoll dahin, sodass es wieder großen Spaß macht, ihm nachzulaufen und ihn einfangen zu wollen.

"Amerika gibt es nicht" Erzähltheater von Peter Bichsel; Regie Max Eipp
Ich habe die Geschichte von einem Mann, der Geschichten erzählt. Ich habe ihm mehrmals gesagt, dass ich seine Geschichten nicht glaube. Da schaute er mich lange an, schüttelte den Kopf, lächelte traurig und sagte dann so leise, dass ich mich fast schämte: Amerika gibt es nicht. Ich versprach ihm, um ihn zu trösten, seine Geschichte aufzuschreiben.
Die Geschichte beginnt in Spanien, vor ungefähr fünfhundert Jahren, am Hofe des Königs. Dieser König hat alles, was sein Herz begehrt: einen Palast, Samt, Seide, Höflinge und Hofnarren. Befehle des Königs werden sofort erfüllt. Wenn der König lachen möchte, bestellt er seinen Narren. Und wenn dieser ihn nicht zum Lachen bringt, wird er entlassen oder umgebracht oder so … Alles geht seinen geregelten Gang, bis Colombin am Hof erscheint. Er redet kaum, steht in der Gegend herum und staunt. Der König findet ihn außergewöhnlich und interessant und lädt ihn ein zu bleiben. Er ist kein Narr, er ist ein Trottel, sagen die Leute und lachen ihn aus. Doch Colombin stört das nicht.
Als der König eines Tages fragte: Colombin, was willst du werden?, antwortete Colombin: Ich will nichts werden, ich bin schon etwas, ich bin Colombin. Der König sagte: Du musst aber etwas werden. Jener Mann dort zum Beispiel wollte Seefahrer werden und ist Seefahrer geworden, er segelt über die Meere und entdeckt Länder für seinen König. – Wenn du willst, mein König, sagte Colombin, werde ich Seefahrer. Da musste der ganze Hof lachen. Colombin rannte weg, fort aus dem Saal und schrie: Ich werde ein Land entdecken, ich werde ein Land entdecken!
Was weiter daraus wird, und was Amerika damit zu tun hat, erzählt Peter Bichsel. Amerika gibt es nicht ist eine seiner sieben Kindergeschichten für all jene, die nicht aufgehört haben zu fragen, was wäre, wenn.